Linien, die sich ausserhalb des Bildraums schneiden
 
Dieter Detzner im Gespräch mit Andreas Schlaegel
 
 
 
AS: Beginnen wir mit der rosa Arbeit bei Tissi[1]….
 
DD: Die war nicht rosa, sondern klar verspiegelt, sah also silber aus.
 
Da sieht man wie die Erinnerung die Dinge freundlicher einfärbt!
 
Sie war dreiteilig. Es gibt auch einteilige Arbeiten, in Grün. Und in schwarz, die sind auch von hinten verspiegelt.
 
Die Rückseite ist silber verspiegelt? 
 
Das Plexiglas ist zu 80% dunkelgrau, man sieht also nicht mehr viel vom Spiegeleffekt: es wirkt so, als ob man ein völlig schwarzes Material mit glänzender Oberfläche nehmen würde. Die Farbe wird dadurch aber brillant und erhält eine grosse Tiefe, wie Wasser. Das Format der Arbeit orientiert sich lose an der Grösse der Platten. 2m x 2,8m, das ist das Grösste was man so kriegen kann. 
 
Wann hast Du mit diesen Arbeiten begonnen?
 
Die erste versperrte den Eingang meiner Ausstellung 2007 in München. Im hinteren Zimmer hing eine lange Arbeit aus aneinander gereihten Oktaedern (Eva/ 2007)[2] aus elfenbeinfarbenem Acrylglas, die sich auf Bauchhöhe über drei Räume erstreckt. Sie war nur an den beiden Enden mit den Wänden befestigt und hing in der Mitte aufgrund ihres Eigengewichts ein wenig durch. Wegen dieser Kurve war es notwendig, jedes einzelne Element einzeln zu berechnen, das heisst, dass Winkel und Längen für jede Kante jedes Elements einzeln festgelegt und zugeschnitten werden mussten. Für die Statik läuft durch die Skulptur eine Aluminium Schiene, die mit den Wänden verbunden ist, auf die die Elemente wie eine Perlenkette aufgezogen wurden. Alles wurde vorher genau ausgemessen und mit einem Statiker exakt berechnet. Die Gesamtlänge betrug 15 Meter. 
Es ging mir darum mit den vorhandenen Räumen zu arbeiten, einerseits die Länge der Raumfolge zu überwinden, andererseits die Überblicksperspektive, die sich aus der Eingangssituation der Galerie ergab, zu verhindern.
Es ging mir auch darum diese beinahe etwas spiessigen Räume, die sehr an ein bourgeoises Wohnzimmer erinnern, mit ihre moderaten Abmessungen und Parkettböden, zu dekonstruieren. Oft hängen in jedem dieser drei Räume sonst jeweils nur zwei Bilder oder eine Kleinplastik. Meine Geste sollte auch diese etwas träge Institution in München ein wenig aufrütteln. Selbst die (Nicht-)Farbe meiner Arbeit, die an alte Telefone oder Computer erinnert, war auch eine Antwort auf das Weiss der Galerieräume, und die Dominanz des dunklen Eichenparketts.
Die Frage, nach dem Ort für die Skulpturen, wo die eigenen Arbeiten positioniert werden und wie man als Künstler damit umgeht, haben mich erst zu den dann folgenden Reliefarbeiten gebracht, und auf die Vorstellung von Röhren, die sich schneiden, und dann weitergehen, ohne dass man weiss wohin.
Die Münchner Arbeit bezog sich sehr auf die dort vorgefundene Situation, deswegen fällt sie etwas aus dem Rahmen. Seitdem gehe ich anders vor, es gibt drei verschiedene Größen, ein kleineres Format, ein mittleres Format und einige wenige sehr große Arbeiten, wie die bei Clemens Tissi gezeigte.
Es gibt auch die Überlegung, die Röhren wieder herauszulösen, aus dem Zusammenhang der Fläche und der durch sie entstehenden Spiegelung. Ich lerne viel darüber, wie man sie anordnet. Dabei gehe ich von Bleistiftzeichnungen aus, setze die dann mit Klebestreifen auf Papier um, und darauf folgt dann bereits ein Entwurf am Computer. Am Anfang experimentierte ich mit fünf oder sechs Röhren, jetzt sind die Überlegungen wesentlich formaler geworden. Die Fragen sind eigentlich immer die Gleichen: wie wenig kann ich machen, ohne dass es aufhört als Bild zu funktionieren, und wie weit kann ich die Schnittpunkte aus dem Bild herauslegen.
 
Damit bespielen die Arbeiten einen Zwischenbereich zwischen Skulptur und Malerei, streng genommen zwischen Relief, Wand- und Tafelbild. Aber hermetisch sind sie nicht, sie bieten dramatische Einblicke…
 
Genau. Es gibt Vorderseiten – und Rückseiten, auf denen man Markierungen sieht, mit Filzstift, Klebespuren und so weiter. Man könnte diese Produktionsspuren beseitigen, oder nachträglich überlackieren, aber daran habe ich kein Interesse. Es soll auch aussehen wie ausgeschnitten.
Es handelt sich ja nicht um ein Designobjekt, von zum Beispiel Ron Arad, der ja auch mit der Ästhetik von Spiegeln gearbeitet hat. Aber es soll ruhig Spuren des von Hand gemachten enthalten, und die soll man auch sehen.
 
Künstler wie Koons produzieren oft Arbeiten, die sich auf eine hermetische Oberfläche reduzieren zu lassen scheinen. Bei Dir ist dies nicht der Fall, vielmehr ist die Oberfläche gestört, durch die sichtbaren Klebekanten, oder Hinweise auf die Stärke des Materials oder die gerade noch erkennbare Konstruktion. 
 
Darum ja auch Plexiglas, und nicht Edelstahl. Mir geht es nicht um eine Pop-Ästhetik, ich will eine Idee in den Vordergrund stellen, in der es um eine grafische Auflösung geht. Es geht immer auch darum, wo diese Linien sich schneiden. Das gibt den Arbeiten eine Leichtigkeit, die mich an bestimmte Gemälde von Franz Kline errinnert. Und gleichzeitig entsteht ein Aufwand, der möglicherweise kaum in einem Verhältnis dazu steht, wie das Ergebnis letztlich aussieht. Ich sitze da ja Wochen, zeichne, rechne Winkel aus, und dann wird noch lange geschnitten und geschliffen. Da steckt viel Zeit drin.
Da gibt es eine Verbindung zu den Splashes[3], wo es mir auch um den Zeitbezug ging – das Herstellen der Splashes ging sehr schnell, aber das Ausschneiden der Splash-Formen dauerte sehr lange. Was übrig bleibt wiederum ist der Schein des Schnellen.
Hier gibt es auch so etwas wie eine leichte Geste, die aber absichtlich durch das Material wieder schwer gemacht wird. 
 
Es erinnert mich auch an Mikado-Stäbe. Nein, es ist klar, dass die Position der einzelnen Elemente alles andere als zufällig ist.
 
Diese Spannung zwischen Zufall und Nicht-Zufall ist ein Thema, das mich immer sehr interessiert hat, bei allen Arbeiten, von den Explosionen über die Splashes bis heute, wo die Auseinandersetzung eine räumliche Gestalt annimmt. 
Diese Säule taucht in die Skulptur ein, dreht sich und geht wieder heraus. Das mittlere Element ist wie eine Zelle, ein Reaktor. 
 
Wenn man auf Dein Ouevre zurückblickt findet man sehr spezifische Gruppen: Fotografien von Blumensträussen und von Explosionen, die auf Styrodur geschütteten und ausgeschnittenen Splashes, darauf folgte eine Phase der skulpturalen Auseinandersetzung mit Aristotelischen Körpern, deren rationale Form ja eine Weltanschauung versinnbildlicht, quasi philosophische Körper, die eine Idee tatsächlich verkörpern.  
 
In den neuen Arbeiten ist mir die Reflektion wieder sehr wichtig geworden, weil ich mit ihr in München den Galerieraum in die Arbeit holen konnte, oder bei Clemens Tissi die Potsdamer Strasse mit ihren Aktivitäten. Gleichzeitig wird die Reflektion der Umgebung immer wieder gebrochen, durch die Form der Arbeit.
Was ich dieses Jahr gemacht habe, sind Zeichnungen, für die ich Glasplatten mit Russ geschwärzt habe, wie früher im Physikunterricht, wenn man zum Beispiel eine partielle Sonnenfinsternis beobachten wollte. Die Zeichnung wurde durch ein Pendel erzeugt, mit einem Senkblei, das an einer Schnur von der Atelierdecke hängt. Die Bewegungen, die das so entstandene Foucaultsche Pendel aufgrund der Erdrotation macht, hinterlassen Spuren, indem sie Linien in den Russ kratzen.
Das ist natürlich nicht ganz dem Zufall überlassen, spielt auch mit dem Mysterium. Die Russplatte ist ja nicht gerade das modernste Aufzeichnungsgerät. Es ist ein Spiel mit etwas Nichtgreifbarem. Ich hatte überlegt, ob ich den mit dem Pendel erzeugten Arbeiten Titel geben sollte, wie Fragen, wie sie beispielsweise bei einer Séance gestellt werden. Aber ich will nicht behaupten ich hätte hier gependelt – das wäre mir zu kitschig. Und ich bin sicherlich kein Medium oder Esoteriker, und mir liegt es auch fern, mich darüber lustig machen. Mir reicht es aus, das Pendel anzuschauen, und die Spuren, die es produziert hat. Ich kann es auch selbst anstossen.
Ein Einfluss dabei waren die Zeichnungen der Schweizer Heilpraktikerin und Künstlerin Ema Kunz[4], die durch Harald Szeeman in den Kunstkontext eingeführt wurde. Ihre Zeichnungen entstanden oft auf Millimeterpapier, auf dem sie Punkte auspendelte und diese dann miteinander verband. Diese Zeichnungen sind formal sehr ansprechend, aber diese formalen Qualitäten sind bei jemandem wie Sol Lewitt mindestens ebenso ausgeprägt. Aber mich hat dieser Weg zum Konstrukt mehr interessiert.
Insofern gibt es eine Korrespondenz beispielsweise mit der grossen schwarzen Arbeit, Theodore. Mich interessiert das Konstruieren von metaphysischen Modellen. Aber eher das Modell an sich, bzw wie das Metaphysische auf das Modell übertragen wird. Das ist etwas, um das es in der Kunst doch immer geht: jeder liest, vielleicht auch nur für sich einen bestimmten metaphysischen Bezug zum Werk heraus…
 
Wie bei Ad Reinhardt[5] und seinen schwarzen Gemälden?
Eher vielleicht bei bestimmten chinesischen Skulpturen, die man oft zu schnell als von Zen beeinflusst darstellt. Ich denke da speziell an die sogenannten chinesischen Gelehrtensteine[6], Steine die behauen wurden, um wieder so auszusehen wie in der Natur gefunden. Es wurde eine regelrechte Semantik dieser Steine entwickelt. Es konnte zur Lebensaufgabe werden, solche Steine herzustellen. Sie wurden in Flüsse gelegt um sie noch weicher, natürlicher geformt erscheinen zu lassen. Die fertigen Steine wurden mit Inschriften versehen und signiert. Wesentlich für mich ist dabei, dass kein Stein aus der Natur genommen wurde.
 
Das erinnert natürlich an die nachgeformten Fundstücke von Vilja Clemins[7].
 
Das Reizvolle daran ist das Absurde und Banale, die viele Arbeit, die man nicht sieht, und wie sich die Formen auflösen. Ist es nicht die perfekte abstrakte Skulptur?
 
Ist das nicht eine sehr puritanische Vorstellung: die gute Form? Wie ja auch bei den Shakern[8], deren Credo lautete, das alles schön sein solle, und nichts Überflüssiges hinzuzufügen sei, reduziert auf einen wahrhaftigen Kern.
 
In dieser Beziehung ist auch Ettore Sotsass[9] interessant, und die postmoderne Perspektive, die griechische Säulen einführt, und noch einen Baldachin, und so ein formales Spiel betreibt, das auch ohne Ornamente auskomme kann. Sotsass drückt sich mit dem aus, was er braucht. Um diese Konzentration geht es doch, da auf den Punkt zu kommen. 
Ein Freund sagte neulich, dass Warhol und Duchamp uns alles kaputtgemacht haben. Natürlich haben die großartige Beiträge zur Kunst geleistet, aber sie stellen, wie jede große Kunst, die Frage, wie es danach noch möglich sein kann, anders zu arbeiten. Also wieder Formen inhaltlich aufzuladen, wo diese doch durch Warhol und Duchamp so völlig entleert wurden.
Um nicht missverstanden zu werden: mich interessiert Pop, aber ich möchte mich auch davon abgrenzen, weil mir oft, wie gerade in der Popmusik, das Populäre zu doof wird, und die Rezipienten zu doof scheinen. Das wird nicht mehr lustig.[10]
 
Gibt es denn einen neuen Winkel, unter dem man die Diskussion um die Hermetik von Oberflächen, wie sie in den achtziger Jahren bis in die neunziger Jahre diskutiert wurde,  weiterführen kann? Ich denke an die Arbeiten von Stefan Kern, aber auch an Wilhelm Mundt.[11] In gewissem Sinne, könnte man nur noch über Oberflächen und Formen sprechen, weil sie das das einzig sichtbare sind, und somit das einzig politisch Relevante darstellen, alles andere sei Spekulation.
 
Ist es nicht interessanter eine Meinung zu haben, und sich dieser Diskussion nicht zu entziehen? Ist das nicht gerade das Problem?
 
Das lösten viele Künstler dann darüber, dass sie funktionale Bezüge zu ihrer Umgebung realisierten. Durch symbolische Funktionen, wie beispielsweise in den Diskussionsplattformen von Liam Gillick. Bei ihm bekam dies ja eine beinahe zynische Komponente.
 
Aber das funktioniert doch nicht richtig. Da sind wir wieder am Anfang – ich denke, es gilt die Grenze zwischen Dekoration und Kunstwerk immer wieder erneut auszuloten.
Ich beschäftige mich schon lange mit Architektur, und was mich aufregt, das sind die Arbeiten von Zaha Hadid, Ron Arad, und anderen, die Computerdesign zunehmend zu einem Selbstzweck verkommen lassen, und zu einer fruchtlosen Virtuosität führen. Es ist kaum noch funktional, kaum originell, ob Hadids Chanel Pavillion, oder Arads Stühle. Das läuft auf etwas heraus, was das Gegenteil ist von dem oben erwähnten Shaker-Stuhl. Der ist immer noch eigentlich das Vorbild. Oder dem Beduinenteppich, zum Beispiel. Es gibt alte, monochrome Bedouinenteppiche mit auffälligen Webfehlern, bei denen man sich oft gefragt hat, ob sie wirklich zufällige Unregelmässigkeiten darstellen. Es gibt durchaus starke Gründe anzunehmen, dass diese Webfehler absichtlich eingebracht wurden, und das glaube ich auch. Warum sollte jemand der einen ganzen Teppich gut macht, im zweiten Drittel oder in der Mitte plötzlich den Faden verlieren?
 
Weil es Gott vorbehalten ist, etwas Perfektes herzustellen? Vielleicht sind das ebenfalls Arbeiten von sehr religiösen Menschen gewesen. Das knüpft nahtlos an die Fragestellung von Ornament und Moral an, oder Dekoration und Wahrheit – aber vielleicht auch an die Frage nach Geschmack?
 
Ich finde des wichtig, dass wenn man zum Thema Geschmack arbeitet, dass es dann auch gut aussieht, aber nicht mit einer elitären Geschmackshaltung spielt, und sich beispielsweise im Mode-Kontext bewegt, wo Kunst und Mode sehr nahe aneinander kommen. Was sehr gut aber für Nichtinitiierte total trashig aussieht, wie beispielsweise Bless[12], das wäre so eine Schnittstelle. Das ist mir eine zu elitäre Haltung. Und zu konservativ, weil zu durchschaubar. Provokative Mode, die elitär ist, das hat ja schon Vivienne Westwood in den Siebzigern gemacht, und als Mode gedacht. Ich denke, so wie wir heute Vivienne Westwood sehen, werden wir in zwanzig Jahren auf diese dekonstruktivistischen Kleider von heute blicken, oder auf die Kunst, die damit spielt. Ich meine nicht, dass man immer provozieren muss. 
Am Wochenende war ein Interview mit den Pet Shop Boys in der Zeitung, die auch darüber sprachen, dass sie sich nach aussen graphisch minimalistisch geben – und musikalisch das komplette Gegenteil machen, indem sie opulente synthetische Klangräume produzieren. Und sich so geschickt zwischen Anspruch und Wirklichkeit positionieren. Metallica positioniert sich als Metallband seit einiger Zeit ähnlich, gibt sich musikalisch brachial, aber in Interviews (oder im Film „Some Kind of Monster“) spielt sich eigentlich eine Seifenoper ab, als habe jemand dafür ein Drehbuch geschrieben. Wenn ich moderne Klassik höre, scheint sie sich gegen Emotionen zu wehren, und produziert dabei wieder intellektualisierte Emotionen. 
Ich habe vor einiger Zeit ein Buch über Berliner Kunstsammler des neunzehnten Jahrhunderts gelesen, und bin dabei über einen Aspekt gestolpert, den ich so vorher nie bedacht hatte. Dass da nämlich historisch betrachtet die Sammler zum ersten Mal überwiegend bürgerlich waren – und nicht mehr die zunehmend verarmenden Aristokraten. Der Versuch des urbanen Bildungsbürgertums den repräsentativen Grandeur des (Land-) Adels in den aus einer Vielfalt  von Gründen vollkommen anders konzipierten, wenn auch grosszügigen Stadtwohnungen oder Villen nachzuahmen konnte nicht gelingen Aber genau dieser Bruch hat die Kunst weitergebracht, die Gestaltung von Möbeln und Innenausstattung allgemein.
In den zwanziger und dreissiger Jahren hat das Bauhaus[13] einen ähnlichen Wandel ausgelöst, der beinahe sich als Trotzreaktion verstehen lässt., auf alles Repräsentative, was Kunst, Architektur und Design bis dahin alles leisten sollte. Und in der Unperfektion und Radikalität der frühen Bauhausmöbel drückt sich das aus. 
Da sehe ich eine Nähe zu meinen Arbeiten. 
 


[1] Der Unsichtbare Dieter Detzner als Gast der Galerie Clemens Tissi, Christiane Meixner im Tagesspiegel am 10.5. 2008: „Immer wieder wird die Wahrnehmung der spiegelnden Fläche gebrochen, von ihrem Muster aus sich kreuzenden Röhren zersplittert und ist die perfekte Struktur letztlich eine Schimäre.  (…)Konstruiert sind die Details seiner fast immer auf mehreckigen Grundformen basierenden Arbeiten tatsächlich; zuerst entstehen sie im Kopf, dann am Computer, schließlich als Modell. Und schon hier schleift sich die Schönheit und Klarheit des Gedankens an der Unvollkommenheit des Stofflichen ab.(..)„Paul“ als Skulptur ist ein reines Konstrukt, das Elemente der Kunst, Architektur und des Designs aufgreift oder zitiert. Paul“ als Eigenname verleiht dieser abstrakten Form einen konkreten Körper. Dass Detzner die Namen aller seiner Arbeiten der Kunstgeschichte entlehnt, spielt eine untergeordnete Rolle: Was immer der Betrachter damit assoziiert, wird ebenso Teil der Interpretation wie die zahllosen Eindrücke auf der spiegelnden Oberfläche. Ein Synonym für die Vielfalt und konstruktive Ungewissheit, die Detzners strenges Formvokabular letztlich generiert.“
[2] Dieter Detzner gibt seinen Arbeiten meist männliche oder weibliche Vornamen, in Anlehnung an historische oder zeitgenössische Künstler, die für ihn auf höchst unterschiedliche Weise, beispielsweise durch unauffällige Details in historischen Fotografien, eine Inspiration für die jeweilige Arbeit dargestellt haben.
[3] Angela Rosenberg:Ouverture Dieter Detzner in Flash Art May June 2001: „Die Splahes sidn sofort wiedererkennbar aufgrund ihres impliziten Arbeitsprozesses, der an action painting erinnert, und unauflöslich mit der Wahrnehmung der Arbeit verknüpft ist:  mit einem Schwung und vie Verve wird die Farbe auf die Oberfläche geschüttet. Abe die radikale, fast anarchische Geste wird dann zurückgenommen,  da die Form des Splasherst am Ende definiert wird, wenn sie ausgeschnitten wurde: ein zentraler Körper mit grotesken, dünnen Tentakeln, abstrakte Formen mit dem Erscheinungsbild von Mikroorgansimen.“ 
[4] Ihr bildnerisches Werk umschrieb Emma Kunz: «Gestaltung und Form als Mass, Rhythmus, Symbol und Wandlung von Zahl und Prinzip». Harald Szeemann verweist auf einen grösseren Zusammenhang: … «durch die Zeichnung als geistige Hinweise und Prophetie wollte sie  die Menschheit durch die Arbeit ins Licht führen, die Kreuzesarme in die Erlösungssenkrechte bringen.»
[5] Das schwarze Quadrat Kasimir Malevitschs, die Mutter aller schwarzen Monochrome, wurde vom Künstler als Ikone für das Nichts verstanden, als einen Nullpunkt der Malerei, wenn nicht der Kunst allgemein. Ad Reinhardt erweiterte dieses Modell in seinen schwarzen Bildern: nur ein kaum mehr wahrnehmbares Kreuz in der Mitte bewahrte die schwarze Fläche vor einem Verstummen in der tiefen Traurigkeit eines fast absoluten Schwarz. Er selbst bezeichnete seine Arbeiten als „freie, unmanipulierte, unmanipulierbare, nutzlose, unbewerbbare, unreduzierbare, unreproduzierbare, unerklärliche Ikonen…“ Als Folge von Subtraktionen kam er zu einer quasi absoluten malerischen Form. Seine extremen Reduktionen verstand er als Zeugnis, dass die gesamte kulturelle Entwicklung des Menschen weniger zu großartigen Errungenschaften als zu immer größeren Verfehlungen geführt habe. Dennoch gab Reinhardt die Malerei nicht auf, sondern führte sie zu einer widersprüchlichen, negativen Form von Religiosität, die darauf verweist, wo das Göttliche eben nicht zu finden ist. 
[6] Gelehrtensteine werden traditionell nach vier grundlegenden Kriterien beschrieben, nach Gestalt, Material, Farbe und Oberfläche. Unter Gestalt versteht man die Gesamterscheinung, inwieweit der Stein wie ein Tier, wie eine Landschaft oder ein Berg wirkt. Wenn er beispielsweise an einen Drachen erinnert, dann ist das ein Glückszeichen, dennoch sollte er wirken als sei er durch natürlich Erosion entstanden, und von allen Seiten interessant aussehen, bekannte Steine wurden aus vielen unterschiedlichen Blickwinkeln abgezeichnet, wie der Stein, der im späten 16. Jahrhundert von Wu Bin in zehn unterschiedlichen  Ansichten zeichnerisch festgehalten wurde. Die Textur der Oberfläche war ebenso ein bedeutender Faktor, mit unzähligen Adjektiven wurden berühmte Steine beschrieben, bis sich die Vorstellung einer „klar und feuchten“ Oberfläche als kanonisch durchsetzte, mit möglichst pittoresken Falten, Runzeln und Löchern. 
Alt sollten sie auch sein, und möglichst einen regelrechten Stammbaum von Vorbesitzern haben, die häufig sich mit einem diskreten Schriftzeichen an einer ausgesuchten Stelle verewigten. 
Die Steine dienten der Kontemplation, als Objekte in denen sich die Prinzipien der Natur und des Kosmos entdecken liessen, und galten insofern als Sinnbilder eines freien Lebens. 
In ihrem Buch Naturgeschichte erklären die Architekten Herzog & De Meuron: „Man weis nie ob diese wunderbaren Formen nun figürlich oder abstrakt sind. Sie haben die Ausstrahlung eines objet trouvé und sind dennoch manipuliert. Meistens ist aber kaum auszumachen, wie das geschah. Vielfach gehört ein Sockel zum Stein, der offensichtlich künstlich bearbeitet ist, sich aber dem Stein in derselben Weise angleicht, wie eine Prothese einem amputierten Körperteil. Der Sockel ahmt den Stein nach, übersteigert ihn oft aber auch, was Form und Farbe und Materialität anbelangt. Und dadurch verstärkt sich wiederum die Unsicherheit darüber was echt ist und was ganz oder teilweise manipuliert. 
[7] Vilja Clemins: To Fix the Image in Memory, (1977-78) Für diese Arbeit fertige Vilja Celmins Bronzeabgüsse von elf Steinen an, die sie beim Wandern in Neu Mexico gefunden hatte. Sie bemalte die Abgüsse bis sie den originalen Steien so ähnlich wie möglich sahen, und zeigte sie in einer „Konstellation“ mit diesen originalen Steinen: „Teil der Erfahrung sie gemeinsam mit den echten Steinen auszustellen“, sagte die Künstlerin, „war es eine Herausforderung an die Augen zu stellen. Ich wollte dass sich Ihre Augen weiter öffnen.“
[8] In seinem klassischen Videofilm Rock my Religion (1984–85) erzählt Dan Graham von der Sekte der Shaker, die von Ann Lee, einer des Lesens unkundigen Schlossertochter aus Manchester, gegründet wurde, nach einer Offenbarung, die sie nach dem rhythmischen Rezitieren der Bibel hatte. Nun glaubte sie, sie sei die weibliche Reinkarnation Gottes und entschloss sich eine utopische Kommune in der Neuen Welt zu organisieren. Es gelang ihr eine Gefolgschaft um sich zu sammeln und mit ihr 1774 tatsächlich nach Amerika auszuwandern. Jeden Sonntag trafen sich die Shaker um gemeinsam ihre Tanzzirkel durchzuführen, in dem Männer und Frauen abwechselnd konzentrische Kreise bildeten, und Bibelverse intonierend mit den Füssen stampften, marschierten, sprangen und klatschten, um in kollektiver Ekstase von den eigenen Sünden befreit zu werden. 
Die Shaker standen unter ausgeprägten calvinistischen Einfluss, und dem Glauben an den unsterblichen menschlichen Geist, an das Leben nach Tode als ewige Rettung oder endlose Verdammung. Gott selbst verteilte die Seelen aber der Mensch konnte auf der Erde selbst Einfluss auf sein handeln nehmen. Ziel war es ein Engel auf Erden zu sein, einfach und Gott nah. Ekstase war nur in der Nähe zu Gott erlaubt. Diese Vorstellung von Einfachheit erstreckt sich selbst in die Details der Möbelgestaltung, auf deren Symmetrie und Materialwahl. Selbst Abstände und Flächen von einzelnen Streben lassen sich noch als Reflektionen kommunaler sozialer Netzwerke erkennen. Einfachheit und Ordnung als quasi-religiöse Tugenden, bedeuteten auch, dass es innerhalb der Gemeinschaft eine ausgeprägtes Interesse daran gab, diese Qualitäten auch zu vermitteln, und die Repräsentation dieser Werte deutlich zu machen. Im Umkehrschluss bedeutete selbst ein angedeutetes Ornament bereits moralische Ambivalenz, Asymmetrie stellte durchaus eine Gefahr für das Seelenheil dar. „Die Hände zur Arbeit und die Herzen zu Gott“ war das Motto der Gründerin, dementsprechend erlangten die Shaker in ihren selbst produzierten Alltagsgegenständen eine hohe handwerkliche Perfektion, die auch wirtschaftlichen Erfolg mit sich brachte, und dazu führte, dass die Shaker im neunzehnten Jahrhundert Möbelfertigung in Massenproduktion bei gleichbleibend hoher Qualität betrieben. 
Diese Nähe zum Industriedesign brachte den Vorläufer und Wegbereiter des dänischen Designbooms, Kaare Klint, der unzählige dänische Möbeldesigner und Architekten ausbildete, darunter Børge Mogensen und Poul Kjaerholm, dazu, in den zwanziger Jahren einen Shaker Schaukelstuhl in Amerika zu bestellen und ihn in seinem Unterricht in Kopenhagen als Anschauungsmaterial einzusetzen. 
[9] Ettore Sottsass war als Architekt, Künstler, Autor und Kurator aktiv, wird aber am engsten mit der Designgruppe Memphis verknüpft. Deren Möbel, schreiend bunt, kantig und mit ungewöhnlichen oder billigen Materialien, wurden in den achtziger Jahren als Affront gegen den guten Geschmack wahrgenommen, und galten als Anti-Design das gegen das Möbel als Prestige Objekt polemisierte, wie gegen konventionelle Vorstellungen von Design und Ergonomie, Material-Ethik und Simplizität der Form. Trotz internationalem Erfolg ging der Hype ging dem spiritus rector der Gruppe schnell auf die Nerven, er zog sich aus dem Memphis Umfeld  zurück und arbeitete mit seiner Gruppe SottsassAssociati überwiegend weiter an Industriedesign Projekten. 
[10] Mit dem Tode Michael Jacksons, des Kings of Pop, wurde zunehmend auch ein Ende einer Vorstellung von Pop an sich reflektiert. Die Zersplitterung und die zunehmende Vielfalt der Medienlanschaft verhindert den Aufstieg solcher weltumspannender Pop Stars, und damit erscheint die Verbreitung eines Szenario wie es Pierre Bourdieu in den sechziger Jahren beobachtet hat, wieder  wahrscheinlicher. Während Arbeiter billige Popmusik hörten, hörten Intellektuelle Jazz und leitende Angestellte Klassik. Die Beatles, Madonna und Michael Jackson glichen dies in einer von postmoderner Konsumkultur geprägten Gesellschaft aus, alle hörten in den achtziger Jahren nicht ausschliesslich aber auch das Gleiche. Durch beispielsweise die gesellschaftliche Interaktion im Internet wird wahrscheinlicher dass sich die Zielgruppenorientierung weiter durchsetzt und sich dazu entwickelt, dass verschiedene Klassen unterschiedliche Kulturen zu eigen machen, quasi der Rückkehr der Klassengesellschaft in der Kultur. 
[11] Wilhelm Mundt (*1959) wurde mit seinen durchnummerierten Trashstones bekannt, für die er seit zwantig Jahren Produktionsrückstände in einer Hülle hermetisch abschliesst, und damit bildhauerische Traditionen oder Konventionen der Moderne reflektiert. Die Skulptur quasi als schöne Hülle, die aber völlig mit Müll gefüllt ist. Konsequenterweise hat er sich in einer Performance selbst in einem Trashstone verpackt. 
[12] Unter dem Modelabel Bless entwerfen Ines Kaag (Berlin) und Désirée Heiss (Paris) Mode und Produkte, auch in Koperation mit großen marken wie Nike, Adidas,oder Wrangler. Dabei entwicklten sie Turnschuhe zum Selbermachen, Strumpfstiefel oder Einweg T-shirts, und betrieben eine Öffnung ihrer Mode hin zu einer radikalen Position von  Austauschbarkeit und Beliebigkeit in gestalterischer Hinsicht. Im Zentrum steht so immer wieder die Frage nach der Motivation etwas zu gestalten, weniger als Konzepte wie Tragbarkeit, Glamour oder Branding. Durch diese konzeptuelle Strategie gelang es dem Label sich als Grenzgänger zwischen avantgardistischer Mode und Kunst zu positionieren.
[13] „Wenn man einen Architekten bittet, einen Stuhl zu entwickeln, dann wird er schön. Wenn man einen Schreiner bittet, einen Stuhl zu bauen, dann wird er bequem. Wenn man – unter Aufhebung der Hierarchie – einen Architekten und einen Schreiner einen Stuhl entwickeln läßt, wird er schön und bequem.“ (Walter Gropius zur Bauhaus-Philosophie)